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Rehasport Neurologie in der praktischen Umsetzung

Erschienen auf Rehasport Online

Interview mit Thomas Wanner vom Kettlebell aus Schwäbisch Gmünd

Rehasport Neurologie - Interview Thomas Wanner

Exclusive Einblicke in Rehasport-Gruppen mit dem Schwerpunkt Neurologie

Mit Thomas Wanner aus Schwäbisch Gmünd haben wir einen Kooperationspartner in unserem Netzwerk, der neben orthopädischen auch neurologische Rehasport-Gruppen in seinem Portfolio hat. Sein Wissen und seine Erfahrungen teilt er gerne mit allen Interessierten und war daher sofort bereit uns Rede und Antwort in Form eines Interviews zu stehen. Vielen lieben Dank, an dieser Stelle, für die Zeit und die vielen Informationen rund um das spannende Thema Rehasport Neurologie.

Rehasport Neurologie - Interview mit Thomas Wanner

Wie ist die Altersstruktur in Ihren neurologischen Gruppen? Welches sind die häufigsten Krankheitsbilder?

Es sind alle Altersklassen zwischen 40 und 70 Jahren vertreten. Die Krankheitsbilder sind sehr vielfältig. Von Long Covid, über Schlaganfall bis hin zu Parkinson oder Multiple Sklerose.

Sie bieten orthopädischen und neurologischen Rehasport an. Was unterscheidet diese Gruppen am meisten?

In der Neurologie haben wir einige Patienten ohne Aussicht auf Heilung, das ist der Hauptunterschied zu den Ortho-Gruppen. Wir testen bspw. mit Gehbehinderten Teilnehmern die Sprunggelenkskraft und die Schuhe. Es kann also passieren, dass jemand die Empfehlung bekommt seine Lieblingsschuhe zu entsorgen.

Wie sehen typische Stundeninhalte aus?

Das Training des Gleichgewichts ist ein zentraler Punkt und gehört essenziell zur Sturzprophylaxe. Peripheres Sehen und Richtungshören gehört auch in diese Kategorie. Wir testen mit allen grundsätzlich die funktionelle Atmung. Wenn sich rausstellt, dass zu wenig Sauerstoff in den Zellen ankommen könnte, wird als Hausaufgabe Atemtraining verordnet. Atemtechnik ist immer wieder ein Thema. Eine Stunde beinhaltet immer Gelenkmobilisierung, neuromechanische Drills zur Verbesserung der Nervengleitfähigkeit, Gleichgewichtstraining über die Augen oder über Beschleunigung des Kopfes – Hampeln auf wackeligen Unterlagen ist kein Gleichgewichtstraining und machen wir sehr wenig – Riechtraining, Neurozentriertes Krafttraining, oft in der Kombination isometrisch und dynamisch. Wir haben selbst bei identischen Diagnosen nie gleiche Voraussetzungen und Wirkungen. Deshalb ist der zentralste Bestandteil jeder Stunde eine durchgängige Assessmentstrategie. Jeder Teilnehmer lernt schnell, wie er jede Intervention testen kann, ob sie high performant, neutral oder negativ wirkt. Daraus ergibt sich automatisch die Hausaufgabe. Diese Strategie gewährleistet trotz Gruppentraining ein hohes Maß an Individualisierung.

Atemtraining - Rehasport Neurologie

Wie ist die Zusammenarbeit mit Neurologen?

Die wäre grundsätzlich verbesserungswürdig. Aber in Einzelfällen gibt es guten Kontakt und auch mal eine Lösung auf dem kleinen Dienstweg, da die für uns zuständige Ärztin Neurologin ist und regelmäßig ins Kettlebell-Training kommt.

Was begeistert Sie am Rehasport mit neurologischen Patienten?

Ich benutze gerne das Bild von dem Eimer, den jeder von uns mit sich rumträgt. Da läuft allerhand Zeug rein. Balancefähigkeit, Ernährung, Schlaf, Belastungen, Krankheiten, Verletzungen, visuelle Fertigkeiten, sensorische Diskrepanzen usw.. Wenn der Eimer zu voll wird, läuft er über und es kommt eingeschränkter motorischer Output, Schmerz, emotionale Reaktionen wie Angst und Depression, Migräne immunologische und endokrinische Veränderungen raus. Im Rehasport finden wir Werkzeuge, um den Eimer etwas leerer zu machen. Die steuernde übergeordnete Instanz ist immer das zentrale Nervensystem. Wenn jetzt ein Patient mit Diagnose Schlaganfall kommt, muss ich mir nur genau die Diagnose anschauen und weiß dann, wo wir Input und Durchblutung hinbringen müssen, um Verbesserungen zu erzielen. Es kann aber auch genau das Gegenteil passieren, die gesunde Seite muss zunächst inhibiert werden, weil sie überaktiv geworden ist bei der Übernahme der Funktionen oder Strukturen der geschädigten Seite. Der “Aha-Effekt”, wenn ein Drill funktioniert und wenn man dann die leuchtenden Augen der Teilnehmer sieht, das begeistert mich immer wieder aufs Neue.

Erfolg beim Training - Rehasport Neurologie

Haben Sie Tipps für Übungsleitungen, die neu mit neurologischen Patienten*innen arbeiten möchten?

Wichtigster Tipp: Permanente Weiterbildung. Die Neuro-Lizenz ist nur der erste Einstieg in das höchst komplexe und spannende Gebiet. Verständnis entwickeln, wie das Zentrale Nervensystem (ZNS) funktioniert. Das ZNS gibt auf alles, was wir machen, immer sofort eine Antwort. Daraus können wir ableiten, welche Übungen förderlich sind und welche nicht.

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